19. Dezember 2020

Digital zum Investorengeld: Wie Skribble in 48 Stunden mit 30 Parteien seine Finanzierungsrunde besiegelte

Eric Kuenzi

Mitten in der Corona-Krise hat Skribble die zweite Finanzierungsrunde erfolgreich abgeschlossen. Dazu musste ein ganzer Stapel Dokumente von allen Investoren unterschrieben werden. Was zu normalen Zeiten schon eine Herausforderung ist, wird während Home-Office und Versammlungsverbot zu einem administrativen Kraftakt – zumindest dann, wenn das Ganze wie heute noch üblich via Papier und Post geht.

Indem wir bei Skribble die Kapitalerhöhung digital abwickelten, haben wir viel Zeit gespart – Zeit, die besonders kostbar ist, denn auf das Geld kann erst zugegriffen werden, nachdem die Kapitalerhöhung im Handelsregister eingetragen ist. In diesem schweisstreibenden Zwischenzustand findet sich manch ein Start-up kurz vor Abschluss einer Finanzierungsrunde wieder, wenn «nur» noch die administrative Hürde – das Unterzeichnen der Verträge, die Einreichung beim Handelsregisteramt – zu nehmen ist.

Es ist heute noch üblich, diese Verträge handschriftlich zu unterzeichnen, um eine Kapitalerhöhung beim Handelsregisteramt einzureichen. Dass es auch anders geht, haben wir im vergangenen Mai eindrücklich gezeigt.

Folgende Dokumente signierten wir digital für unsere Finanzierungsrunde:

  • Investitionsvertrag (Investment Agreement) 
  • Aktionärsbindungsvertrag (Shareholders Agreement)    
  • Vollmachten (Powers of Attorney) der bestehenden Aktionäre
  • Zeichnungsscheine (Subscription Forms) der Investoren
  • Kapitalerhöhungsbericht
  • Handelsregisteranmeldung

Für den Investitions- und den Aktionärsbindungsvertrag gelten die von den Parteien festgelegten Formvorschriften; eine handschriftliche Unterschrift respektive ihr digitales Pendant – die qualifizierte elektronische Signatur (QES) – ist aus gesetzlicher Sicht hier also nicht zwingend erforderlich.

Die Formvorschriften für die Vollmachten ergeben sich aus den Statuten der Gesellschaft, welche in den meisten Fällen die Schriftform und daher die QES verlangen.

Die Zeichnungsscheine und der Kapitalerhöhungsbericht unterliegen in jedem Fall der Schriftlichkeit und müssen in der elektronischen Form daher immer mit einer QES signiert werden. 

Unterzeichnen der Dokumentation auf analogem Weg hält das Start-up vom Weiterwachsen ab

Solange nur wenige Parteien in die Firma investieren, hält sich der administrative Aufwand in Grenzen. Bei Skribble durften wir uns über mehrere institutionelle und eine ganze Reihe privater Investoren freuen.

Neben Lead-Investor Helvetia Venture Fund waren die Mobiliar, die Zürcher Kantonalbank und die Venture-Capital-Gesellschaft btov Partners mit von der Partie. Mit Facebook-Investor Daniel Gutenberg, Ex-Googler Cyrill Osterwalder und Serial Entrepreneur Thomas Gabathuler gesellten sich bekannte Namen aus der Tech-Szene zu den Investoren aus der ersten Finanzierungsrunde hinzu, darunter Myke Naef, Nicole Herzog und Gian-Reto à Porta. Zu guter Letzt beteiligte sich eine ganze Reihe Mitarbeitender der ersten Stunde an Skribble. Alles in allem also rund 30 Parteien, von denen wir Unterschriften benötigten. 

«Sind mehr als eine Handvoll Investoren im Spiel, wird das Einholen der Unterschriften für die Dokumentation der Kapitalerhöhung zum Ressourcen-Verschleiss.»

Geschieht dies zudem zu Zeiten von Home-Office und Versammlungsverbot, so wird ein analoges Vorgehen unmöglich. Trotzdem ist es zurzeit noch üblich, dass die Dokumentation schriftlich vorliegt und den Umweg über Papier und Post nimmt.

Folgende drei analoge Verfahren sind heute noch üblich:

  • Ein einziges Dokument wird per Post im Zirkularverfahren von Partei zu Partei geschickt ➔ zeitraubend, ineffizient und teuer – in unserem Fall mit mehr als 30 Parteien in drei Ländern ein Ding der Unmöglichkeit
  • Alle Parteien treffen sich an einem Ort und unterzeichnen gemeinsa
  • Für jeden Investor wird eine Seite ausgedruckt, die per Post hin- und hergeschickt wird ➔ Blankoseite unterschreiben kann aus Vertrauenssicht fragwürdig sein und führt je nach Zahl der Investoren den Papierkrieg ad absurdum

Jedes dieser analogen Verfahren hat seine Grenzen, ist sehr papierlastig und administrativ aufwändig. Für uns bei Skribble kam daher keines davon infrage, als es darum ging, die Dokumentation von mehr als 30 Investoren – darunter vielen Mitarbeitenden – unterzeichnen zu lassen. 

Wir wollten es digital versuchen. Schliesslich ist das weltweit rechtsgültige Signieren unser Kerngeschäft. Doch würden Notare und Handelsregisteramt mitspielen? Ein paar Telefonate stellten uns zuversichtlich uns so beschlossen wir, die Finanzierungsrunde auf dem digitalen Weg einzureichen. 

Digitale Kapitalerhöhung verkürzt Time-to-Money

Die bei einer digitalen Eingabe zu erwartende Zeitersparnis hat nicht nur praktische Vorteile, sondern gibt dem Unternehmen schnellen Zugang zum Kapital – und das kann gerade für ein Start-up überlebenswichtig sein. 

Das von den Investoren zur Verfügung gestellte Geld wird auf ein Sperrkonto eingezahlt, auf welches die Firma erst Zugriff erhält, nachdem der Eintrag im Handelsregister erfolgt ist. 

«Ein rasches und einfaches Abwickeln der Kapitalerhöhung ist im Interesse jedes Unternehmens – schliesslich ist Time-to-Money bei der Kapitalbeschaffung nicht nur für Start-ups das A und O.»

Mit 30 erforderlichen Unterschriften war in unserem Fall der Aktionärsbindungsvertrag das aufwändigste Dokument. An seinem Beispiel schildere ich daher nachfolgend, wie ich für die ganze Dokumentation vorgegangen bin:  

Ich speicherte das finalisierte Word-Dokument mit 30 Signaturfeldern ganz einfach als PDF und lud es auf skribble.com hoch. Als nächstes fügte ich die E-Mail-Adressen aller Investoren hinzu und lud sie zum Signieren ein, indem ich den Signaturprozess auf Knopfdruck in Gang setzte.

E-Mail-Benachrichtigungen hielten mich über den Fortschritt des Prozesses auf dem Laufenden, während ein Investor nach dem anderen dasselbe Dokument digital signierte.

«Nach 48 Stunden hatten alle 30 Parteien unterschrieben – rein technisch wäre das auch in ein paar Minuten möglich gewesen.»

Parallel dazu liess ich alle weiteren für die Finanzierungsrunde erforderlichen Dokumente auf dieselbe Weise von den Zeichnungsberechtigten signieren. So kamen am Ende rund 30 digitale Dokumente zusammen. 

Öffentliche Beurkundung beim Notar kann noch nicht digital stattfinden

Als nächstes stand der Gang zum Notar auf meiner Agenda. Die öffentliche Beurkundung ist der einzige Schritt einer Kapitalerhöhung, der heute noch nicht digital durchgeführt werden kann.

In der Regel gehen ein Mitglied des Verwaltungsrats und ein Vertreter der Aktionäre, die mittels Vollmachten von den restlichen beauftragt wurden, gemeinsam zum Notar. Dieser protokolliert dann Beschlüsse der Generalversammlung und des Verwaltungsrates. 

Folgende Dokumente beglaubigt der Notar: 

  • Beschluss der Generalversammlung über die Kapitalerhöhung 
  • Feststellungsbeschluss des Verwaltungsrates 
  • Statuten

Diese Dokumente werden in Papierform zum Handelsregisteramt geschickt oder persönlich vorbeigebracht. In unserem Fall hat das Notariat in Basel, wo ich wohnhaft bin, die Dokumente auf dem Postweg an das Handelsregisteramt in Zürich geschickt. 

Digitales Einreichen der Kapitalerhöhung beim Handelsregisteramt problemlos möglich

Der letzte Schritt jeder Kapitalerhöhung ist das Einreichen des finalen Dossiers beim zuständigen Handelsregisteramt. Mit Ausnahme der zuvor genannten und vom Notar beglaubigten Dokumente, konnte ich das ganze Dossier in digitaler Form einreichen. Dazu gehören:

  • Handelsregisteranmeldung
  • Erklärungen (Lex Friedrich und Stampa)
  • Unterschriftenblätter mit beglaubigten Unterschriften (für Wahlen) 

Einen kleinen Trick wandte ich für die Unterschriftenblätter an: Um die Papierform zu umgehen, sorgte ich dafür, dass jedes neue VR-Mitglied seine handschriftliche Unterschrift einscannte und dann mit der eigenen QES digital beglaubigte.

Dann lud ich alle elektronisch signierten Dokumente ganz einfach auf die sichere Plattform des Zürcher HR-Amts hoch. Andere Kantone nutzen zum Teil sichere E-Mail-Verfahren wie IncaMail oder Privasphere. 

Dabei ist unbedingt darauf zu achten, sämtliche Dokumente in den vom zuständigen Amt akzeptierten Formaten hochzuladen. Zum Zeitpunkt unserer Einreichung akzeptierte das HR Zürich lediglich die für die Archivierung optimierten Formate PDF/A-1 und PDF/A-2. Das muss natürlich schon vor dem Signieren berücksichtigt werden. In Microsoft Word speicherte ich die entsprechenden Dokumente ganz einfach als PDF/A-1-File, bevor ich sie auf Skribble.com hochlud.

Der digitale Weg ist bei Kapitalerhöhungen also möglich und empfehlenswert – er hat uns enorme Zeit- und Kosteneinsparungen beschert und raschen Zugang zum investierten Kapital gegeben. 

Über Eric

Eric Künzi ist Mitgründer, Anwalt und Head Legal bei Skribble. Als erfahrener Wirtschaftsanwalt, Unternehmer, Gründer und Mitgründer mehrerer Start-ups hat er ein tiefes Verständnis für die strategischen Herausforderungen, denen sich Start-ups stellen müssen. Seine Boutique-Anwaltskanzlei Vujàdé Law (Gegenteil von "Déjà-vu") bietet professionelle und pragmatische Lösungen im Wirtschaftsrecht, hauptsächlich für Start-ups und Jungunternehmer. Eric ist in der Schweiz geboren, in Madagaskar aufgewachsen und spricht fliessend Englisch, Deutsch, Französisch und Spanisch. Er besitzt einen Abschluss in Rechtswissenschaften der Universität Neuenburg und ist im Kanton Bern als Rechtsanwalt zugelassen.

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